Die Einreise nach Suriname klappt reibungslos. Zunächst benötigen wir ein E-Visa, das wir in French-Guyana über ein Online-Tool beantragen können. Das ist ungefähr so kompliziert wie ein Darlehen in Deutschland zu beantragen, am Ende muss noch eine schriftliche Reisebeschreibung in Form eines Aufsatzes nachgeliefert werden und natürlich eine Flugnummer, wenn man über Land einreist. Zum guten Ton gehört es natürlich auch an dieser Grenze, dass wir alle Angaben, die wir für das digitale Visa schon aufwendig geliefert haben, an der Grenze noch einmal händisch in ein Formular mit drei Durchschlägen in Schönschrift übertragen. Jeder Durchschlag bekommt eine Lochung und es werden drei Ordner damit befüllt, die in raumhohen Regalen im Grenzhäuschen die Wände schmücken. Bevor wir den Hafen verlassen dürfen, müssen wir noch eine Kfz-Haftpflichtversicherung abschließen. Das wiederum läuft relativ unbürokratisch: eine Quittung über 11 Euro von dem Bottelstore gegenüber vom Grenzhäuschen reicht völlig aus – Versicherungsbedingungen: Fehlanzeige.
Dann sind wir drin in Suriname. Suriname und Guyana sind die einzigen Länder Südamerikas mit Linksverkehr. Erklären kann uns das keiner, es handelt sich bei Suriname zunächst um eine ehemalige holländische Kolonie. Böse Zungen behaupten, dass während der Verhandlungen zur Unabhängigkeit des Landes die Parteien einfach aneinander vorbeigeredet haben. Eigentlich sollte Englisch die Amtssprache werden und die holländischen Verkehrsregeln gelten. Jetzt gelten englische Verkehrsregeln und der Surinamese muss holländisch sprechen. Die sonstigen großen holländischen Erfindungen, das Holland-Rad und Schuhe aus Holz haben es nicht über den Atlantik geschafft.
Erster Stopp: Paramaribo, die Hauptstadt:
Suriname ist, ähnlich wie French-Guyana, flächenmäßig ein sehr kleines Land, das überwiegend aus einer mit einer Straße erschlossenen Küstenregion und ansonsten unerschlossenem Dschungel besteht. Noch mehr als in French-Guyana leben hier viele Ethnien auf engstem Raum zusammen und das Stadtbild der Hauptstadt ist eine bunte Mischung daraus. Der Hindu-Tempel neben der Moschee neben der Kirche neben der Synagoge sind hier keine Gegensätze, sondern gehören zusammen.
Wir steuern eine Marina am Suriname River an. Der holländische Besitzer bietet hier einerseits den Weltumseglern Liegeplätze als auch Overlandern Stellplätze an. Ein Pool, Duschen, eine Waschmaschine und ein Restaurant bieten alle Annehmlichkeiten für uns und die Segler. Natürlich sind wir die einzigen Overlander, aber gemeinsam mit den Besatzungen der 4 Schiffe die hier momentan ankern, kommen wir schnell ins Gespräch. Sehr inspirierend.
Wir werden von drei jungen Leuten der „Snake Patrol Suriname“ angesprochen, die sich ebenfalls wundern, wie wir es mit dem Auto geschafft haben hier her zu kommen. Die Snake Petrol wird dann gerufen, wenn Schlangen, Kaimane und andere Urwaldbewohner sich in Wohnhäuser einnisten und dort Angst und Schrecken verbreiten. Sie schulen aber auch Behörden und das Militär im Umgang mit Schlangen. Matthew aus Schottland bietet uns an, mit ihm eine nächtliche Kajakfahrt in nahegelegenen Peperpot Naturepark zu unternehmen. Wir sagen zu, die Kombi „Nacht“/“Dschungel“ und „Kajak“ ist schon deshalb spannend, weil weder Dunja noch ich jemals in einem Kajak saßen. Warum sollten wir also nicht im Dunkeln unsere ersten Erfahrungen auf einem schwindligen Kajak in Gewässern unternehmen in denen Schlangen, Piranhas und Kaimane zuhause sind.
Wir starten am frühen Abend an den historischen Gebäuden einer alten Kaffeeplantage in der inzwischen ein Hotel betrieben wird und paddeln in die Dämmerung. Richtig dunkel wird es dann auf einem Fußmarsch durch den Dschungel, wir sehen schlafende Faultiere in den Bäumen und die ersten Schlangen liegen auf der Lauer. Wir hören natürlich mehr als wir jetzt noch sehen können, aber Matthew entdeckt mit geschultem Blick Reptilien aller Art im Wasser, auf Bäumen und im Unterholz. Das alles ist mit unserem Equipment nicht wirklich fotografierbar, trotzdem ein paar Schnappschüsse:
Die Rückfahrt im Kajak in kompletter Dunkelheit ist mystisch und „scary“ wie man so schön sagt. Wir dürfen im Gästehaus der Snake-Patrol übernachten und fallen kurz nach Mitternacht in die feuchten Betten. Am nächsten Morgen bereiten sich die Schlangen-Experten auf ein Training des surinamischen Militärs vor und wir dürfen nochmal das „Schulungsmaterial“ bewundern, das die Jungs hier in den Häusern eingesammelt haben.
Am 07.März findet auch hier in Paramaribo das hinduistische Frühlingsfest „Holi“ statt. Hier in Suriname ist es ein gesetzlicher Feiertag. Das „Fest der Farben“ ist Lebensfreude pur:
Wie jeder weiß sind vor allem die Dinge, die man nachts erleben kann die besonders spannenden. Vor der Küste Surinames liegen große Eiablage-Gebiete von Lederschildkröten und der grünen Schildkröten. Wir organisieren uns einen Trip dorthin, da beide Schildkrötenarten geschützt sind, ist der Zugang dorthin streng reglementiert und nur mit einem Guide möglich. Trotzdem werden die Nester regelmäßig ausgeraubt, da Schildkröteneier immer noch als Delikatesse gehandelt werden. Die Tour selbst findet in absoluter Dunkelheit statt, die Schildkröten, die nachts zur Eiablage kommen verlieren bei entsprechender Lichtverschmutzung gerne die Orientierung auf dem Weg an den Strand und zurück ins Meer. Das bisschen was wir sehen ist trotzdem beeindruckend: 500 kg schwere Schildkröten die sich an Land schleppen und unter enormer Kraftanstrengung tiefe Nester graben um dann etwa 80 bis 100 Eier dort abzulegen. Statistisch wird am Ende eine Schildkröte die Geburt, den Weg zurück ins Meer und den Weg zu den Futtergründen überleben – eine!
Wir machen uns auf den Weg nach Guyana. Je näher wir der Grenze kommen, umso eindringlicher werden die Warnungen. Es sind die gleichen Warnungen, die wir schon kennen bevor wir nach Brasilien, French-Guyanas und Suriname gereist sind. Natürlich war noch niemand dort von denen die uns warnen. Aber die Menschenfresser dort wo wir hinfahren sind immer die schlimmsten. Und so kommt es, dass wir noch vor der Einreise nach Guyana von einem netten Herrn 2.000 Guyana-Dollars (= ca. 10 €) geschenkt bekommen, damit wir uns in seinem Land den ersten Kaffee kaufen können – wahrscheinlich ein Trickbetrüger.
wieder ein wundervoller Bericht mit wundervollen Bildern. Bunt und vielfältig wie Eure Abenteuer. Sogar die Bürokratie wird launig geschildert. Da kommt der Nockerberg eindeutig ins Hintertreffen. Hochspannung pur bei Euren Begegnungen mit allem, was da läuft, kreucht und fleucht.
Danke, dass Ihr uns an allem teilnehmen lasst. . Wir freuen uns schon auf neue Menschenfressergeschichten. Segnungen und Wandteppich möge Euch schützen.