Peru empfängt uns mit einem von einer deutschen Pauschal-Reisegruppe belagerten Grenzübergang und einem Zollbeamten der die Fahrzeugeinfuhr ohne IT-Unterstützung meistern muss: der Computer streikt. Nach 3,5 Stunden sind wir drin, im ersten „neuen“ Land Südamerikas, jedoch immer noch am Titicacasee. Wir streifen Puno und steuern eine Eco-Lodge auf der anderen Uferseite an. Erstes Ziel: die Floating Islands der Uro`s oder besser: deren geschäftstüchtigen Nachfahren, die weiterhin im Schilf des Sees ihre schwimmenden Inseln besitzen, jedoch im Gegensatz zu Ihren Vorfahren ausschließlich vom Tourismus leben. Ein Fischerboot bringt uns von unserer Lodge mit einem 5 PS Außenborder zur nächstgelegenen Insel, die wir mit Rückenwind nach einer Stunde erreichen, zurück dauert es fast 2 nachdem der Wind etwas aufgefrischt hat. Nach einer sehr schönen Erklärung zum Bau und Betrieb einer schwimmenden Insel aus Schilf ist klar, dass der Druck zum Kauf völlig unnötiger Souvenirs vor der Abfahrt unserer Nussschale nach dieser Vorführung weiter gesteigert wird. Wir entscheiden uns für einen von den alten Damen selbst gestickten Wandteppich. Wandteppiche haben wir schließlich noch nicht im Obelix, der praktische Grund: wir haben gar keine Wände. Was soll ich sagen: früher haben wir Handtaschen spazieren gefahren und jetzt halt Wandteppiche.
Wie das Dschungelcamp in Bolivien gab es noch ein Ziel, das reisetechnisch ein Zeitfresser ist, da es weit abseits liegt und wieder in eine Sackgasse führt. Aber der Deal zwischen Dunja und mir war: wenn sie ins Dschungelcamp darf, darf ich in die höchste Stadt der Welt! Und noch eines haben beide Ziele gemeinsam: der Gruselfaktor ist extrem hoch!
La Rinconada erstreckt sich auf einer Höhe von 5.100 bis 5.400 m üNN, wieviel Menschen hier wirklich leben ist nicht wirklich bekannt, es sollen 20 – bis 50.000 sein. Und der Grund warum sie alle hier sind ist: Gold!
Was diese Menschen hier oben geschaffen haben ist ein Paradies für all jene die sich nach „weniger Bürokratie“, „mehr Selbstbestimmung“, „weniger Einfluss durch den Staat“ im Allgemeinen, und mehr Bürgerbeteiligung im Besonderen sehnen. Hier gibt es keine Polizei, kein Rathaus, keine Schule, kein fließendes Wasser, kein Abwasser und keine Müllabfuhr. Alle machen einfach was sie wollen, es gibt nichts was irgendwie geregelt wird oder was schon die Uro´s auf ihren Schilfinseln vor 2000 Jahren als zivilisatorische Errungenschaften kannten. Eine Post-Apokalypse in ganz dünner Luft. Die Zufahrt führt an gigantischen mit Quecksilber verseuchten Seen und Kloaken vorbei und endet dann etwas 10 km vor der Stadt in einer gigantischen Müllhalde, die die Bewohner der Stadt in den letzten Jahren geschaffen hat. Es ist nicht so, dass man an einer Müllhalde vorbei- oder durch eine solche durchfährt: man fährt auf dem Müll.
Ich kürze ab: es ist das Grauen, es ist vielleicht der Blick in eine Welt in der es nichts mehr gibt außer ein funktionierendes Handynetz.
Wir fahren weiter nach Arequipa, finden ein hübsches Städtchen mit altem Kolonialflair und füllen unsere Vorräte auf. Es geht anschließend durch den Colca-Canyon und das Valle de Vulcanos wieder hoch hinauf auf 5.000 m üNN und damit ins Outback von Peru.
Von dort geht es in einer steilen Abfahrt auf Meereshöhe und wir erreichen endlich den Pazifik. Zwei Tage können wir auf dem Strand eines kleinen Hotels stehen und freuen uns über Seeluft und einen Strand ganz für uns allein. Auf dem Weg nach Nasca erreichen uns die ersten Nachrichten von der Amtsenthebung und Verhaftung des amtierenden Präsidenten von Peru und der von Süden nicht mehr zu erreichenden Hauptstadt Lima – Mist, hoffentlich beruhigt sich die Lage wieder! In Nasca gibt es die Möglichkeit mit Kleinflugzeugen die berühmten Nasca-Linien zu überfliegen: riesige Scharrbilder in der Wüste aus der Zeit 600 bis 200 v. Chr. die bis zur Entdeckung in den 20-er Jahren völlig unerforscht blieben, weil sie nur aus der Luft zu sehen sind. Selbst in diesem Jahr wurden erneut weitere 160 dieser Zeichnungen im Wüstensand neu entdeckt. Wir versuchen es mit unserer Drohne und sehen riesige Zeichnungen von den bis heute niemand genau weiß wie sie entstanden sind und so lange erhalten bleiben konnten.
Man merkt vielleicht, wir berichten im Stakkato. Das ist keine Jahresend-Rallye, sondern eher der Unsicherheit gewidmet. Wir wollen gerne noch vor Weihnachten nach Cusco und den Machu Picchu besuchen. Außerdem sind wir dort mit Simi und Jenny mit der kleinen Nora verabredet. Mit den beiden sind wir damals im Lockdown in Sucre hängen geblieben. Inzwischen sind sie zu Dritt und wir freuen uns auf das Wiedersehen…
Whow! Auf- und Anregende Geschichten und Bilder. Es macht riesigen Spaß, Euch auf diesem Weg begleiten zu dürfen. Ich hoffe, euer Zeitplan geht auf. Wobei, ein isländisches Gedicht behauptet, Zeit gäbe es nicht. Wäre eine Überlegung wert. Bin in Gedanken bei Euch, weiterhin viele schöne Erlebnisse und ganz liebe Grüße, auch von Martina. Nos vemos algun dia amigos.
Welche unterschiedlichen Landschaften, Kulturen und Lebensweisen habt Ihr mal wieder erlebt. Danke für Eure spannenden Berichte, die wunderschönen Fotos und das „Gruseln“, , von dem Ihr bestimmt nur die Hälfte erzählt habt. Die zurückgelegten Strecken hatten wohl viele Gruselfaktoren für Menschen, die in Deutschland Auto fahren.. Aber zwei Tage Strand und schon ruft Euch das Abenteuer wieder. Wie schön für uns Computersurfer. Danke!
Hallo ihr 2,
Das sind ja mächtig beeindruckende Bilder. Wie kann man als Flachländer auf > 5000 nur atmen. Uns hat es schon auf 4000m in Ecuador schon fast die Birne zerrissen. Und die Death Road macht wohl mit der Enduro mehr Spaß. Hätt ich gern auch noch mal gemacht, aber das Alter…
Viel neue Erfahrungen und felice navidad y un pro`spero ano nuevo desear
Fred und Karin aus dem verschneiten Deuringen