Goldsuche in Guyana
Goldsuche in Guyana

Goldsuche in Guyana

Guyana, die ehemalige holländische, französische und dann britische Kolonie, empfängt uns mit großer Gründlichkeit. Der Parcours durch die Amtsstuben dauert mehrere Stunden und beschäftigt viele Beamte. Wenn man das alles hinter sich hat und das Zollgelände verlässt, wartet schließlich noch die letzte Instanz auf uns: alles was die Kollegen vom Zoll und der Einreisebehörde schon mühselig an Informationen eingesammelt und doppelt und dreifach dokumentiert haben, wird schließlich nochmal händisch und mit viel Palaver in ein Büchlein übertragen. Dann sind wir drin in Guyana, leider nur mit einem 14-Tage Visum.

Schon an der Grenze stellen wir fest, dass wir wieder in einem Land sind, in dem wir nichts verstehen werden. Die Amtssprache ist zwar Englisch und zumindest wir werden verstanden, anders herum funktioniert gar nichts. Wir sind so frustriert, dass wir selbst auf die nettesten Ansprachen irgendwann nur noch mit „we don’t speak englisch“ reagieren, weil uns das ständige Nachfragen schon selber nervt.

Wegen der Einreiseformalitäten ist es spät geworden, wir suchen uns kurz nach der Grenze einen Platz am Strand. Die Briese vom Meer vertreibt die Moskitos und die Brandung sorgt für Entspannung beim Einschlafen.

Georgetown lassen wir rechts liegen, man hört nichts Gutes von der Stadt und wir schwenken nach Süden. 2019 waren die letzten „Overlander“ in einem schönen Freibad 60 km südlich von Georgetown, das nur am Wochenende öffnet. Es ist Sonntag und wir hoffen, dass wir eine Nacht bleiben dürfen – es werden drei. Martha und Paul, ein älteres Ehepaar freut sich über unseren Besuch und wir werden mit Infos zu Guyana ausgestattet. Irgendwann sind wir wieder beim Thema illegale und legale Goldminen im Urwald Guyanas. Paul erklärt uns wie und wo wir die Goldgräber finden können, es werden Kontakte geknüpft und nach zwei Tagen Recherche fahren wir los. Die Wegbeschreibung ist abenteuerlich, Google Maps kennt keine der Straßen, wir müssen verschiedene Ferry-Crossings über Flüsse finden und sind zwei Tage später in Bartica. Wir haben einen Kontaktmann dort, der uns wiederum einen Guide vermittelt, mit dem wir zu den Minen finden. Wir stehen um 4 Uhr morgens auf, cruisen durch den Urwald und mit Ponton-Booten über Flüsse bis zur Village „Peter’s Mine“: ein Goldgräber-Loch mitten im Dschungel. Von hier aus verzweigen sich die Wege zu den Minen. In den Bretterbuden gibt es alles was der Goldgräber fern der Zivilisation braucht: Öl, Diesel und Benzin aus Fässern, zwei Kneipen, ein Supermarkt, ein großer Puff und eine schwer bewachte „Bank“ in der Gold zu Geld gemacht wird. Wir sind die einzigen Weißen hier, fallen entsprechend auf und sind froh über die Begleitung durch unseren Guide, der mehr den anderen erklärt warum wir hier sind als uns was wir hier sehen.

Wir versuchen eine Genehmigung zum Besuch einer der legalen Minen bei der „Mines Comission“ zu bekommen und scheitern. Das Verslein, dass wir nur Touristen sind und noch nie eine Goldmine gesehen haben, jetzt aber zufällig in der Gegend sind, überzeugt niemanden. Fotos machen ginge schon gar nicht und überhaupt hat die blöde Frage hier noch niemand gestellt. Wir ziehen uns zurück und machen uns auf den Rückweg. Unser Guide gibt nicht auf, wir stoppen immer wieder an Hütten am Wegesrand und irgendwann haben wir Glück und man lässt uns auf das Gelände einer Mine. 6 Mann arbeiten sich hier durch den Schlamm und hoffen auf das große Glück. Was sie dort jeden Tag schaffen und später hinterlassen ist die Apokalypse: öl- und dieseldurchtränkter Boden, riesige quecksilberverseuchte Seen und eine Kraterlandschaft in der nichts mehr wächst.

Wir müssen weiter, das Visum läuft ab. Wir sind zurück auf der Nationalstraße Richtung Süden. Auf zwei Lodges versuchen wir ein Plätzchen zum Übernachten zu finden, werden aber abgewiesen. Am Ende landen wir wieder da, wo wir am liebsten sind: am Straßenrand der staubigen Nationalstraße in einer Art Raststätte. Das Bier ist kalt, das Essen lecker, das Publikum bunt. Was wir nicht wissen: Samstagabend wird die Raststätte zur Disco! Unfassbar: ich messe 120 dB auf dem Kissen, es gibt heftige Resonanzen im Auto, weil die Möbel in Schwingung kommen und der Beat ist eine ständige stundenlange Wiederholung. Um 2 Uhr, zwei Stunden nachdem der letzte Gast durch die Musik verjagt wurde, ist Ruhe.

Der Regenwald liegt inzwischen hinter uns, wir sind in der guyanischen Savanne. Vieles erinnert an Afrika, und eine Lodge heißt ab hier Ranch. Es gibt große Rinderherden und natürlich Cowboys. Wir landen auf der Waikin-Ranch und werden vom schottischen Manager begrüßt. Wir dürfen hinter dem Staff-Camp stehen und Dunja teilt dem Manager kurzerhand mit: bitte einmal mit allem für drei Tage. Drei Tage Vollpension – herrlich, auch für mich!

Für Tag zwei steht ein Sonderprogramm an: Reiten in den Sonnenaufgang! Logisch, wir sind ja noch nie geritten und am Vortag kam der Pferdeguide mit einer völlig verdreckten Touristin und selbst mit einem ausgekugelten Ellenbogen zurück zur Farm gelaufen: die Pferde waren durchgegangen. Egal, wir stehen um 5 Uhr auf und sitzen kurz darauf im Sattel. Warum man seit der Erfindung des Rads und später des Autos noch auf ein Pferd steigen sollte ist völlig unklar. Die Pferde locken Fliegen, Moskitos und Bremsen an, das Gehoppel geht in die Knochen und man sitzt nicht gut. Schön anzusehen ist aber Dunja. Was für ein Naturtalent! Wie die Cowboys die uns begleiten, lässt sie sich durch die Savanne tragen und tut so, als ob sie noch nie etwas anderes gemacht hätte. Wir sehen noch einem Giant-Ant-Eater beim Frühstücken zu und reiten zurück zu unserm Buffet. Dunja eröffnet mir, dass sie gerne reiten lernen würde.


An Tag 12 verlassen wir Guyana. Die inzwischen vierte Einreise nach Brasilien klappt reibungslos: dem Zollbeamten überreiche ich das letzte Import-Paper zum abschreiben und er freut sich!

5 Kommentare

  1. Fred

    Servus „Dunrai“,
    Ich lese diese geilen Berichte mit wachsender Begeisterung. Das würde auch Michael Martin ( prominenter Globetrotter aus Gersthofen) wahrscheinlich auch mega begeistern. Ich liebe eure Berichte und zücke meinen lederenen Cowboyhut vor eurem Mut. Ich bin kein Hosenscheißer, aber z. Bsp. entern von Peters Goldmine ist schon nochmal ne andere Nummer. Bitte weiter solche kurzweilige Berichte, wenns geht im weekly Rhythm.
    Bleibt wachsam aber mutig.
    LG aus Deuringen von mit seiner Vroni.

  2. Na, Ihr traut Euch was! Und wir zögern, die Seitenstraße zu fahren. Respekt vor euren konsequentem Reisen die Welt kennenzulernen. Da kann sich manch ein Abenteuer-erzählender-Overlander was abschauen. Freue mich auf die Fortsetzung und möge Obelix immer ausreichend feste Masse unter seine Räder haben.

  3. Heide

    wieder ein Gänsehautbericht. Wieder keine Menschenfresser, dafür penible Bürokraten, bezaubernde Mitmenschen,, wilde Fahrten und die Entdeckung eines neuen Hobby`s durch Dunja. Nebeneffekt Eures aufklärenden Berichtes: unsre Gastkinder singen nicht mehr von Laila. Sie wissen nun, was ein Puff ist und finden das igitt..Reisen bildet. Auch die, die stressfrei mitreisen.
    Wir sind schon sehr gespannt auf Venezuela!

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