Ein bisschen Statistik vorneweg: nach 225 Tagen auf Achse und nach 31.500 km in Südamerika kommen wir am 13.03.2020 endgültig zum Stehen. Es ist ein Freitag der 13-te als wir in Sucre ankommen und uns erreicht das, was man als Shutdown bezeichnet. Rien ne va plus – nichts geht mehr!
Während man in Deutschland am Frankfurter Kreuz im Stau steht und im Radio über „Ausgangssperren“ diskutiert, weil Tattoo- und Friseur-Salons jetzt schließen müssen, wird in Bolivien eine Ausgangssperre verhängt, die ihrem Namen gerecht wird: es gibt keinen privaten und öffentlichen Verkehr mehr, die Städte sind abgeriegelt und die Grenzen geschlossen – für alles und jeden. Die letzte Zahl der Passnummer erlaubt uns einmal pro Woche von 8:00 bis 12:00 Uhr einkaufen zu gehen: die Endungen 1+2 gehen montags raus, 3+4 am Dienstag und so weiter, Samstag und Sonntag geht keiner raus und nach 13:00 Uhr auch nicht. Einfache Regeln die auch Diskussionen über allerlei Ausnahmen stark verkürzen: es gibt einfach keine.
Wir sind zunächst mit Jenny und Simeon auf dem Platz, auf dem wir schon bei unserem ersten Besuch in Sucre waren, später stoßen noch Angie, Michi und Leon dazu. Zu siebt richten wir uns auf eine längere Reiseunterbrechung ein und genießen erst einmal unsere komfortable Situation: wir stehen geschützt, wir haben Platz für Gemeinsames aber auch für uns, wir haben Zeit für Dinge die wir schon immer mal machen wollten. Es gibt ein Sportprogramm für die Damen und Quality-Time für die Herren. Wir kochen zusammen, es gibt Karaoke-Abende und Jennys Nutella-Kuchen zum Kaffee. Diese drei Wochen zusammen in Quarantäne werden uns in Erinnerung bleiben: die Tage vergehen wie im Flug, die Abende sind lang und es klappt gleichzeitig eingeschlossen und entspannt zu sein.
Und dann ist er da: der 1.April 2020. Tag 245 unserer Reise. Kein Tag für alte Bräuche wie Aprilscherze. Was heute passiert ist so wenig witzig wie unglaublich und lässt sich nicht einfach mit „April, April“ beenden. Es ist der Anfang vom Ende unserer Reise für lange Zeit. Es ist der Tag an dem wir morgens erfahren, dass der letzte Rückholflieger nach Europa fliegt. Es ist der Tag an dem alle Diskussionen die wir seit Tagen und Wochen darüber führen, ob es besser ist hier zu bleiben oder in ein Corona-Krisengebiet zu fliegen, zu einer Entscheidung führen.
Und die Entscheidung lautet: wir gehen – alle! Um 10 Uhr erreicht uns die E-Mail der deutschen Botschaft in La Paz zur Organisation der Ausreise und es beginnt ein Hop-On Hop-Off Trip durch Bolivien bis an den Ammersee. Die Botschaft hat Fahrerlaubnisse für Busse zur Anreise an die Flughäfen organisiert und um 16 Uhr starten wir unter Polizeischutz eine 14-stündige Busfahrt nach La Paz, von dort geht ein Charterflug nach Santa Cruz, weiter nach Madrid, dann nach Frankfurt und die Deutsche Bahn bringt uns nach München. Abfahrt Mittwoch 16 Uhr in Sucre – Ankunft Samstag 15 Uhr am Ammersee – was sich lange anhört war für uns ein Schockerlebnis. Irgendwas zwischen Drama und Chaos.
Wir sind also wieder hier. Am Ende dieses Abschnitts der Reise heißt es wieder mal Danke zu sagen: an unsere „Freunde4ever“ die uns in der Quarantäne am Ammersee maximal verwöhnt haben, an unsere neuen Vermieter in Frankfurt die uns hier den Start überhaupt erst möglich machen, an die ganze Familie die uns nie im Stich lässt und an all die Freunde die uns durch das Chaos getragen haben. Danke an alle die wir kennenlernen durften auf der Reise und die nun auch alle gesund zurückgekommen sind. Danke für die Europareise die wir machen dürfen um euch alle wieder zu sehen. Danke Heiko und Angie für das Rückholprogramm. Danke für die vielen schönen Kommentare und Komplimente zum Blog. Danke Dunja für die tolle Zeit.
Was bisher geschah:
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